Neben den bekannten Bühnen wie Schloßbühne, Burgbühne, Theaterbühne und Piratenbucht finden ja auch an anderen Stellen noch Konzerte statt. Auch im Literaturzelt gibt es im intimeren Rahmen die eine oder andere musikalische Perle zu entdecken. So wie heute Abend, wenn Dragol auf der Bühne stehen. Wer sich hinter dem ungewöhnlichen Projekt tatsächlich verbirgt war von den beiden zwar nicht rauszubekommen aber sonst ganz viel. Aber lest selbst, zwölf Fragen anlässlich unserer 12. Festivalausgabe an Dragol.
1) Hallo Runa und Vandill, ich hatte ja das Glück Euch beim Autumn Moon schon kennenzulernen. Nun seid ihr erstmals beim Festival-Mediaval dabei. Worauf freut ihr euch hier am meisten und was habt ihr schon vom Festival gehört?Auf neue Erfahrungen! Musikalisch und menschlich. Wir haben bei jedem Auftritt bislang super viele Erfahrungen sammeln dürfen – schöne und herausfordernde. ;) Letztlich sind alle Begegnungen wichtig und inspirierend für uns und die Entwicklung unserer Musik gewesen. Tatsächlich haben wir von dem Festival nur Gutes gehört. Wir freuen uns einfach total, dabei sein zu dürfen.
2) Ihr seid schon sehr speziell in Eurer musikalischen Ausrichtung. Das ist nichts für die Mainstream Charts, sondern ein eigenes Genre, dass Ihr „Dunkel Mär“ nennt. Was verbirgt sich dahinter?Wir sehen uns nicht als reine Musiker. Wir lieben die Kunst in den unterschiedlichsten Bereichen. Der Wunsch, unterschiedliche „Kunstwelten“ zu verbinden zieht sich schon immer durch alle Bereiche unseres Lebens. Mit dem Blick auf Dragol sieht man das gleichermaßen in Kostümen, Songs sowie auch in unserer Bühnenperformance. Die Dunkel Mär ist für uns eine Art großes, dunkles Märchenbuch. Ein Märchenbuch, in dem eben sämtliche fantastische, dunkle Geschichten ihren Platz finden. Wir haben uns durch diverse Genres geackert und dabei endeten wir immer wieder bei dem Gefühl, dass Dragol nicht konsequent einem dieser Stile unterliegt. Uns fehlte ein „neues Genre“. Oder eben einfach eins, welches den Fokus auf deutsche Lyrik und dunkle Märchen legt. Und so entschieden wir uns für ein eigenes Genre... Dunkel Mär
3) Viele Leute sind sich überhaupt nicht bewusst wie schwer es ist mit Musik Geld zu verdienen. Die denken, die stehen auf der Bühne und bekommen fette Gagen. Das ist ja mitnichten so und gerade kleinere Bands haben es richtig schwer. Wir glauben, die meisten Bands können mit Musik kein oder nicht viel Geld verdienen. Wir haben beide einen Job und wir treten nicht auf, um reich zu werden. Dragol jetzt als unser Hobby zu bezeichnen, würde es auch nicht widergeben… Leidenschaft passt besser. :)
4) Ihr seid jetzt eine von mehreren Bands an diesem Wochenende, die weder eine große Plattenfirma im Rücken haben noch eine große Medienpräsenz, geschweige denn einen riesigen Fankreis, von fetten Werbebudget ganz zu schweigen. Ihr müsst Euch Euer Publikum selbst nach und nach erspielen und zum Glück gibt es Festivals, wie das Festival-Mediaval, die auch „kleinen“ Bands eine Bühne geben. Wie schafft ihr es, euch langsam aber sicher auf dem Markt einen Namen zu machen? Wir denken nicht in klein oder groß – dann würden wir uns ja vergleichen. Wir genießen unsere Label-lose Freiheit zu 100 Prozent ;-) und sind dankbar für jede faire Auftrittsmöglichkeit, die uns das Leben schenkt. Aber wir rennen unseren Auftritten nicht wie wahnsinnig hinterher. Wir spielen einfach und schauen was passiert. Hauptsache geben und wachsen. Mit der Einstellung werden wir vielleicht nie vor 100.000 Menschen spielen, aber dafür wäre unsere Musik ohnehin zu speziell.
5) Ich habe mir mit großem Interesse Eure Vision auf der Homepage durchgelesen. Da sprecht ihr von einer zweigeteilten Dragol-Show. Mal mit klassischer Besetzung incl. Chor, dann im zweiten Teil mit Rockband. Wie nahe seid ihr denn der Vision schon gekommen und was kann das Publikum in Selb von Euch erwarten?Das ist nicht ganz so leicht zu beantworten. Wir haben ein paar Zwischensteps auf dem Weg zu unserer Vision. Zu diesen Steps gehören: Album erstellen, Band vergrößern, Eigene organisierte große Konzerte in unterschiedlichen Städten, Und tatsächlich klappern wir grad im Sauseschritt unsere Aufgaben ab. Unser Album kommt bald raus – spätestens im November 2019. Unser erstes selbst organisiertes Konzert wird am 29.11.2019 in der Stadthalle Hiltrup in Münster stattfinden. Dort werden wir mit 2 neuen Bandmitgliedern auftreten (Percussion). Unser erstes Konzert hat also noch keinen Chor und kein Orchester. Aber die Zuschauer werden den Unterschied sofort fühlen. Hier in Selb treten wir in unserer Ursprungsform (zu zweit) auf. Das liegt in erster Linie daran, dass wir für das Literaturzelt gebucht sind. Hier passen wir thematisch auch super rein. Für 4 Leute wäre dieser Raum nicht ganz passend. Aber das bedeutet nicht, dass wir zu zweit weniger Gänsehaut und Emotion nach Selb bringen – es wird nur nicht so tanzbar sein.
6) In ganz vielen eurer Lieder geht es um das Thema Tod, eigentlich etwas um den jeder Mensch gerne einen großen Bogen machen würde. Woher kommt diese Fixierung gerade darauf? So ist es auch nicht verwunderlich, dass man Eure Musik in die Kategorie „Neue Deutsche Todeskunst“ steckt. Könnt ihr damit etwas anfangen? Jein. Als wir das erste Mal in diesen Topf geworfen wurden, dachten wir: Ja vielleicht passen wir da herein, weil es eben so viel um den Tod bei uns geht. Nach genaueren Betrachtungen haben wir uns davon wieder distanziert. Unsere Texte fixieren sich nicht auf den Tod – sie enden nur damit. Hart ausgedrückt nutzen wir den Tod und die Qual als dramatische Konsequenz in unseren Geschichten. Durch diese Konsequenz wiegt jede Handlung; jedes Gefühl mehr. Unsere Fixierung betrifft eher bestimmte Werte: Ehrlichkeit, Loyalität, Verbundenheit, Freiheit… Lieber tot als ein Sklave. Memento mori: Wenn wir den Tod ehren, können wir noch dankbarer für das Leben sein. Wir sind zwar vom Tod und von der Dunkelheit fasziniert – aber wir lieben das Licht!
7) Ihr habt Euch einmal als Endzeit-Band bezeichnet. Vielleicht liegt ihr da gar nicht so schlecht, wenn man die erschreckenden Meldungen von einer brennenden Erde der letzten Tage genauer verfolgt. Aber eigentlich seid ihr doch eher 2 fröhliche Gestalten oder habe ich da einen falschen Eindruck in Hameln gewonnen? Und wieso Endzeit-Band?Ja... das war diese Zu-Sortierungs-Problematik ;-) Wir wollten gerne in eine Schublade passen. Wir haben jetzt für uns erkannt, dass wir in gar keine Schublade passen müssen. So entstand ja das Genre, Dunkel Mär. Jetzt sehen wir uns nicht mehr als reine Endzeit-Band. Man hat uns mal beschrieben als „Mix aus Endzeit, Märchen, Mittelalter und Gothic.“ Die Figuren hinter Van und Runa sind tatsächlich drollige Gesellen. Genau genommen sind wir menschlich sehr positiv und lustig. Wir lieben gute Witze, ehrliche Menschen, Gesang und Kunst in unterschiedlichster Form.Nur unsere Figuren – Van und Runa – tragen diesen dunklen Part und erzählen aus dunklen Welten, düstere Märchen.
8) Euer Auftritt findet ja auf dem weltweit schönsten Mittelalter Musikfestival statt, wie ist den Euer Bezug zur Mittelalterszene?Wir lieben Märchen, schauen Vikings und sind fasziniert von der Mittelalterwelt. Auf dem Mediaval sind wir zum ersten Mal, aber wir sind Fans anderer Mittelaltermärkte. So viele schöne Details gibt es auf den Märkten zu entdecken: All die Feuer, Lichter, die Liebe zum Ambiente und die wunderschön hergerichteten Zelte. Uns gefällt auch der Menschenschlag: offen, ehrlich und ein klein wenig verrückt.
9) Ganz viele Musiker/innen in Deutschland wählen Englisch als Sprache, ihr singt in Deutsch. Wie wichtig ist Euch denn Sprache, wird es demnächst auch Dragol in Englisch geben?Nein. Es wird Übersetzungen geben, aber wir werden nicht anfangen, unsere Texte auf Englisch zu singen. Dragol wird keine Musik für die breite Masse sein. Wenn anderssprachige Menschen unsere Musik mögen, freuen wir uns darüber, dass die Emotion der Geschichte offenbar auch für andere Sprachen fühlbar ist. Natürlich könnte mal ein anderssprachiger Song dazwischen rutschen – unser sprachlicher Kern bleibt deutsch. Zum einen können wir uns im englischen nicht so gut ausdrücken. Zum anderen stehen wir total auf Goethe und glauben, dass der Klang der deutschen Sprache sehr gut zu den mystischen Märchen passt.
10) Ihr macht Euch ja auch viele Gedanken um die visuelle Wirkung von Dragol. Wie wichtig ist Euch Optik generell und im Zusammenhang mit Eurem musikalischen Schaffen?Sehr wichtig. Mit unseren Kostümen wechseln wir in die Welt der Märchen. Wir werden für die Zeit, in der wir unsere Geschichten erzählen zu einem Teil unserer Märchengestalten. Das könnten wir in unseren Alltags-Outfits weder gut fühlen, noch darstellen.
11) Es gibt Sagen und Legenden, Euer Thema sind aber eher die Märchen, also erfundene Geschichten. Was ist denn für Euch so faszinierend an Märchen, bietet nicht das tägliche Leben genug Stoff, um Songs zu schreiben?Wir glauben: Menschen lieben das Gefühl des Gruselns und die meisten lieben fantastische Welten. Märchen gab es schon so lange man denken kann. Früher erzählten sich die Menschen Gruselgeschichten am Feuer. Heut schauen wir TV. Es ist nicht mehr das Gleiche. Und trotzdem geht es weiterhin um das versinken in anderen Welten. Wir glauben und hoffen, mit unseren Songs und unserem Auftreten ein wenig Magie schenken zu dürfen. Wir wünschen uns, die Menschen in geheime Welten in ihrer eigenen Fantasie entführen zu dürfen. Es ist ein wenig das Gefühl, wieder Kind zu sein. Wenn man den Geschichten lauschen darf und sich selbst dabei ertappt, wie die Geschichten das eigene Herz berühren; jemandem Hoffnung zu geben und zu inspirieren, heldenhaft sein zu wollen. Den Zuhörer an gute Werte zu erinnern – Werte, für die es sich eben lohnt, sein Leben zu geben. Und ja – das tägliche Leben bietet genügend Stoff. Wir verpacken diesen Stoff nur in Märchen und lassen ihn nicht nackt. Nachrichten und Infos... bekommen wir so unendlich viel. Wir wollten mit Dragol eine lyrisch-hochwertige alte – und gleichzeitig neue – Märchenwelt erschaffen.
12) Auch für Euch zwei gibt es fürs zwölfte Festival-Mediaval noch als zwölfte Frage einen kleinen Joker zur freien Verfügung. Was wollte Ihr noch gerne loswerden, was bisher nicht zur Sprache kam? Oder was sollten die Festivalbesucher von Dragol unbedingt noch wissen?Lach... also das Einzige, was uns noch einfällt, ist die Aussprache unseres Namens. Wie spricht man Dragol aus? Immer wieder hörten wir, das Menschen das „Ol“ betonen. Tatsächlich liegt aber die Hauptbetonung auf dem „A“ im Namen also: DrAgol.