Künstlerinterview: Ji-In Cho (And then She Came, Der Fluch des Drachen)
Am heutigen ersten Konzerttag steht mit Ji-In Cho eine deutsche Musikerin mit koreanischer Abstimmung im Rampenlicht. Zuerst kann man sie mit ihrer Band „And then she came“ erleben. Danach steht sie mit „Corvus Corax“ bei deren Fantastical „Der Fluch des Drachen“ auf der Bühne.
Die deutsche Rockband „And then she came“ ist quasi die Nachfolgeband von Krypteria mit praktisch den gleichen Musikern. Und die haben bei ihrem Auftritt in Selb 2011 so begeistert, dass man auch beim „Best of“ an den Jungs aus Aachen um ihre charismatische Frontfrau Ji-In Cho nicht herumkam. Die Musik hat sich aber etwas verändert, statt Symphonic Metal gibt es nun „New Rock“ aufs Ohr. So auffällig wie der kleine Wirbelwind auf der Bühne agiert, so zurückhaltend ist Ji-In abseits der Bühne. Auch die Interviews sind dünn gesät, umso mehr freuen wir uns, dass das sympathische Wesen für uns eine Ausnahme gemacht hat, herzlichen Dank dafür. Viel Spaß mit Ji-In Cho, natürlich dann später auch auf der Bühne.
Ji-IN du warst ja mit Krypteria schon einmal beim Festival Mediaval dabei und hast mit deiner damaligen Band Krypteria das Publikum völlig fasziniert. Mir ist ja damals die Kinnlade runtergefallen. Welche Erinnerungen hast Du denn noch an das Festival und auf was freust Du dich besonders?
Ich erinnere mich sehr gut daran, dass wir mit gemischten Gefühlen zum Festival fuhren. Wir waren - soweit ich mich recht entsinne - die einzigen, die man nicht der klassischen Mittelaltermusik zuordnen konnte und wir wussten nicht, wie wir ankommen würden.
Umso überraschter waren wir über diese sehr positiven Reaktionen auf unsere Musik und ich habe noch sehr gut im Kopf, wie wir uns nach der Show mit einem fetten Grinsen auf dem Festivalgelände herumtrieben, weil wir so glücklich und dankbar darüber waren, dass die Festivalbesucher uns so offen und freundlich empfangen hatten. Ich freue mich sehr auf dieses Festival. Beim letzten Mal habe ich diese friedliche Atmosphäre dort sehr genossen und mich hat die wundervoll
unprätentiöse Art der Menschen beeindruckt. Ich kann mich aber leider auch diesmal nicht davon freisprechen, dass ich mit einer gewissen Nervosität den Reaktionen unseres Publikums entgegenfiebere, wo wir doch unter einem anderen Namen und mit neuer, noch fernliegender Musik im Gepäck aufschlagen. Ich hoffe sehr, dass wir auch diesmal die Feuertaufe bestehen.
Man sagt ja immer, dass Castingshows eher ein Karrierekiller sind, für Dich war es aber das Sprungbrett ins Musikbusiness oder?
Was das Business angeht - auf jeden Fall! Das war zwar schon ein sehr krasser Sprung von der behütenden Musikhochschule, in der es für mich allein um die Kunst und nicht um Marketing und Zahlen ging, zu dieser auf Quoten ausgelegten Castingshow, aber letztendlich habe ich daraus eine Menge gelernt. Danach wusste ich, was für mich ein absolutes No-Go ist und was ich auf der negativen Seite im sogenannten Showbusiness zu akzeptieren lernen musste.
Du hast evangelische Theologie studiert. Ich glaube, wenn Du predigen würdest hätte die Kirche nicht so mit den Kirchenaustritten zu kämpfen. Was bedeutet Dir dein Glaube und war das nie eine Option diesen Weg einzuschlagen?
Haha, ich lach' mich schlapp - ich glaube eher, die Leute wären tierisch genervt von mir, denn wenn ich mich einmal richtig in Rage geredet habe, höre ich nicht mehr auf. Mir bedeutet der Glaube fast alles - wobei ich nicht unbedingt den Glauben an Gott meine. Es kann der Glaube an irgendetwas, z.B. an das Gute an sich sein. Ich wollte schon immer verstehen, warum es Menschen gibt, die wohlweislich Böses tun oder warum unschuldigen Menschen Böses widerfährt, habe aber bis heute keine alles beantwortende Lösung parat. Ich war tatsächlich auch mal bereit, Nonne zu werden, weil ich mich dieser Suche komplett hingeben wollte. Aber dieser Gedanke hielt nicht lange an - dazu bin ich nicht selbstlos genug.
Krypteria ist scheinbar Geschichte, dafür gibt es ja jetzt And then she came. Und wie es der Zufall so will kommt kurz nach dem Festival-Mediaval die neue CD heraus und kurz danach startet Euere erste Tour u.a. auch mit einem Auftritt in Nürnberg. Wird das dann heute ein Releasekonzert und was erwartet einen denn beim neuen Album?
Vielleicht ein bißchen - ich habe das zwar so noch nicht betrachtet, weil wir doch auch viele alte Songs spielen, aber natürlich werden wir auch ein paar noch nicht veröffentlichte Songs vorstellen. Das macht das Ganze äußerst aufregend, weil wir natürlich darauf gespannt sind, wie die Leute das aufnehmen werden und während ich mich das so äußern höre, werde ich ganz kribbelig. "Kaosystematiq" ist nicht nur vom Coverartwork her bunt, sondern auch der musikalische Inhalt geht von lieblichen über harten und kantigen bis zu ironischen und poppigen Klängen. Es ist ein Potpourri, gestaltet von uns vier sehr unterschiedlichen Charakteren mit verschiedenen Musikeinflüssen und -Vorlieben und wir lieben es, alles reinwerfen zu dürfen, was uns bewegt. Daher auch der Name des Albums: Wir haben nix geplant und das mit System, hahaha..
Die Besucher des Festivals haben ja heute besonderes Glück, da sie dich gleich zweimal erleben dürfen. Als „Rampensau“ mit New Rock mit And then she came und als Hexe und singendes Gepäckstück im „Fluch des Drachen“. Wie ist es denn zu der Zusammenarbeit mit Corvus Corax gekommen?
Ja, das ist für mich heute ein absoluter Glückstag! Wir hatten früher mal die gleiche Managerin und hatten uns daher schon einmal kennengelernt. Ich mochte Corvus Corax vorher schon, aber jetzt durch das Touren seit letztem Jahr mit ihnen, bin ich ein megagroßer Fan vom privaten Castus, Norri, Hatz, Jordon, Vit und Michi. Sie sind einfach nicht nur tolle Musiker sondern auch hinter der Bühne sehr feine Menschen, mit denen man sich großartig über das Leben in all' seinen Facetten unterhalten kann. Und jedes Mal denke ich: "Mann, Du musst noch so viel lernen und erleben!"
Du wurdest ja in Korea zu einer von den 50 wichtigsten Persönlichkeiten Koreas im Ausland gewählt (zum Beispiel neben dem Fußballer Heung-min Son). Du bist aber wenn ich richtig informiert bin in Deutschland geboren. Wie sind denn deine Verbindungen nach Korea, mit Krypteria seid ihr ja auch dort aufgetreten? Steht das mit And then she came auch an?
Der größte Teil meiner Familie lebt dort und da ich mit dem Bewusstsein aufwuchs, dass Familie mitunter das Wichtigste im Leben ist, war die Verbindung immer sehr stark, auch wenn ich als Kind nicht oft dahin reiste. Meine Eltern erzählten mir während meiner Kindheit viel von meinem Opa, weil dieser wirklich sehr weise und liebenswürdig war und das führte dazu, dass ich davon ausging, dass alle Menschen in Korea so wären. Ich weiß noch, dass ich als Kleinkind bei meiner ersten Reise dahin dachte, alle Koreaner am Flughafen wären weise und liebenswürdig und auch Teil meiner Familie. Spätestens als wir mit Krypteria dann auch die zwar liebenswürdigen aber total aufgekratzten und ausgeflippten Fans kennenlernten, wurde mein Bild von Korea korrigiert - das hatte mit Weisheit nun wirklich nichts mehr zu tun, haha..
Noch waren wir nicht mit And then she came da, aber bei mir persönlich steht das ganz oben auf der Liste.
Soviel ich weiß war Corvus Corax ja noch nie in Korea, da bietet es sich doch an beide Projekte zusammen in Korea zu präsentieren. Und Johannes Steck als Meister der Stimmen kriegt bestimmt auch Koreanisch hin. Wie denkst Du darüber? Ist sowas denkbar?
Das wäre wundervoll!! Ich bin mir sicher, das käme dort super an!! Nur ob Johannes dann auch koreanisch sprechen lernen mag, wage ich etwas zu bezweifeln.. aber ich kann ihn ja auch einfach mal fragen...haha..
Du singst bei And then she came Englisch und in den Texten geht es um Mobbing, Geschäftemacherei auf Kosten anderer und die Medienberichterstattung um nur mal 3 Themen aufzugreifen. Beim Drachen singst Du ja in Deutsch und das klingt großartig. Wäre es nicht auch für And then she came eine Option, die Leute würden ja auch die Texte noch besser verstehen? Wie fühlt es sich denn an Deutsch zu singen?
Es fühlt sich sehr gut an - ich muss aber auch gestehen, dass ich mir darüber bei Fluch des Drachen keine Gedanken gemacht habe. Es war völlig klar in Deutsch zu singen, aber ehrlich gesagt, fühlt es sich für mich auch total natürlich an, unsere Songs auf Englisch zu singen. Wobei wir ja auch schon die deutsche, französische, spanische und sogar koreanische Sprache in unser erstes Album eingebaut haben. Mal sehen, was kommt.. wir sind ja für fast alles offen!
Du stehst als bildhübsche Frontfrau ja immer im Rampenlicht, hast in Wacken vor 65000 Menschen gespielt und bist immer ein beliebtes Fotomotiv. Trotzdem ist in der Presse erstaunlich wenig über Ji-In zu finden und auch Interviews sind eher selten. Mein Eindruck ist, dass die Bühnen Ji-In mit dem Menschen nicht sehr viel gemeinsam hat. Ist mein Endruck da richtig und was sollte man denn über die private Ji-In wissen?
Naja, ich bin leider schon etwas zwiegespalten, was das angeht. Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen und mit den Menschen Spaß zu haben, aber sobald ich diese verlasse, bin ich gerne inkognito. Daher bin ich auch nicht im Socialmediabereich vorzufinden, weil ich mir aber auch einfach nicht vorstellen kann, was an meinem Leben hinter der Bühne interessant sein sollte. Ich lebe da ein ganz normales Leben wie jeder andere auch und möchte das auch so.
Du bist ja inzwischen stolze Mutter und hast ja auch eine Zeit lang pausiert bis Deine Krypteria-Jungs wegen And then she came auf dich zugekommen sind. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schwer es ist Beruf, Hobbies und Familie vernünftig unter einen Hut zu bringen. Und grad als Musiker stell ich mir das besonders schwierig vor, wie zum Beispiel bei der anstehenden Tour. Wie kriegst Du das denn auf die Reihe und hat sich das Leben sehr verändert dadurch?
Ja, die Geburt eines Kindes ändert das Leben total und stellt alles auf den Kopf. Aber das wollte ich ja auch so. Ich habe großes Glück, dass meine Familie und mein Umfeld mich so toll unterstützen. Ich kann zwar nicht mehr so viel touren wie früher - meine Familie hat oberste Priorität - aber durch die Hilfe meiner Vertrauenspersonen schaffe ich dann doch immer wieder den Spagat zwischen Mutterdasein und Musikerin. Dafür kann ich nicht dankbar genug sein, denn komplett ohne Musik und meiner Band würde ich eingehen wie eine Primel.
Hast Du Zeit trotz der beiden Auftritte am Donnerstag noch etwas Festivalatmosphäre zu schnuppern oder den Kollegen zuzuschauen? Ich kann mich noch gut erinnern, dass Du in Ulm ziemlich fasziniert Eisbrecher angeschaut hast. Gibt es jemand den du besonders gerne sehen würdest?
Ich fürchte, dass ich an dem Tag leider nicht viel mitkriegen werde, weil ich mich ja auf zwei Shows konzentrieren muss. Aber ich möchte auf jeden Fall Eric und Co. von Subway to Sally wiedertreffen - die habe ich schon lange nicht mehr gesehen; ich erinnere mich sehr gerne an unsere gemeinsame Tour, bei der wir sie begleiten durften.