Review: Daemonia Nymphe und Faun
Faun
Eigentlich haben wir uns ja vorgenommen für jede Ausgabe ein Review eines Konzertes zu veröffentlichen, der Ablauf des gestrigen Abends zwingt aber schon fast dazu, diesen Plan über Bord zu werfen. Denn mit den Griechen von Daemonia Nymphe und Faun standen hintereinander zwei Bands auf der Bühne, die musikalisch geradezu perfekt zusammenpassten. So ist es eigentlich auch nicht verwunderlich, dass Rüdiger Maul von Faun für einen Song die „Griechen aus London“ auf der Bühne unterstützte und damit den eh schon beeindruckenden Trommelsound noch eindrucksvoller machte.
Festival-Mediaval Wiederholungstäter, davon gibt es ja inzwischen immer mehr, kennen die Band bereits aus den Jahren 2009 und 2011. Schon da zeichneten sie sich durch eine sehenswerte, etwas skurrile Bühnenshow aus. Seitdem hat sich die Band aber sowohl was die Bühnenshow, wie auch was das Musikalische betrifft gewaltig weiterentwickelt. Allerdings, und das soll hier gar nicht verschwiegen werden, sind Daemonia Nymphe, wie Faun übrigens auch, sehr polarisierend. Wer mit der Musik, die man gerne dem Neofolk zuordnet, ohne der Band damit wirklich gerecht zu werden, nichts anfangen kann, dem hat höchstens das Treiben auf der Bühne und zwischendurch das Feuer im Fotograben, davon abgehalten nicht nach dem ersten Song das Weite zu suchen. Spätestens zumindest, als auch der letzte gemerkt hat, dass nun nicht „The Phantom of the Opera“ zur Aufführung kommt, wie es die Masken der Musiker vielleicht zu Beginn vermuten ließen. All die anderen, die die Band mit ihrer Musik packen konnte, für die war der Auftritt ein echtes Highlight.
Als ganz großes Plus sind die Tänzerinnen der Band zu nennen, die den Auftritt mit großem Einsatz unglaublich abwechslungsreich gestalteten. Egal ob mit 2 Masken am Kopf und zweien in der Hand, mit Feuer, oder mit diversen Stoffutensilien. Einmal erinnerten die beiden zwar wieder typisch griechisch skurril, eher an einen aus der Mode gekommenen Lampenschirm, aber trotzdem war es immer höchst sehenswert, was man sich zur Songuntermalung ausgedacht hatte. So war es wirklich faszinierend zu beobachten, wie reserviert das Publikum zunächst auf die Musik und die sich in einer Stoffbahn räkelnden Frauen reagierte, die Band von Song zu Song aber immer mehr Menschen im Publikum mitnehmen konnte, bis am Ende die Menge richtig dabei war. Alle die sie diesmal verpasst haben und sich jetzt vielleicht ärgern, können beim Best-Of-10-Years Versäumtes nachholen. Es lohnt sich zweifellos.
Richtig Stress hatte Rüdiger Maul vorm Faun Auftritt durch seinen Gastauftritt bei Daemonia Nymphe, der erst ganz kurz vor dem offiziellen Faun-Konzertbeginn endete. So dauerte es zwangsläufig ein paar Minuten länger bis das Konzert begann. Die wenigen Pfiffe, es waren übrigens die einzigen die an diesem Abend zu hören waren, waren somit höchst überflüssig. Der größte Unterschied beider Bands war, dass Faun nicht mal einen Song brauchte, um das Publikum auf seine Seite zu ziehen. Denn schon nach den ersten Klängen des Openers Andro feierte das Publikum eine der beliebtesten Bands der 10-Jährigen Mediaval-Geschichte euphorisch. Das war umso bemerkenswerter, weil der Ausnahmedrehleierspieler Stephan Groth mit „Rücken“ passen musste. Damit ist, wie Oliver S Tyr betonte, wirklich nicht zu spaßen und gerade Drehleierspieler scheinen von hartnäckigen Rückenleiden überproportional betroffen zu sein. Stephan Groth also nicht dabei. Das ist ungefähr so, wie wenn Real Madrid ohne Ronaldo antreten muss. Es geht schon, aber… An dem Abend ging es, wohl auch dank des „Apple-Mannes“ Niel Mitra erstaunlich gut. Wind und Geige und Alba ließ man als nächstes dem Opener folgen, bei dem das bestens gelaunte Publikum etwas Pyrotechnik bei Faun erleben durften, was dem Auftritt einen zusätzlichen Reiz gab. Erstmals in Selb dabei hatte man die hübsche Schweizerin Laura Fella, die mit ihrer Stimme und dem fröhlich strahlenden Lächeln andeutete, dass sie zum Glücksgriff für Faun werden könnte. Mit dieser kalten Nacht hatte man den besten Song für die an diesem Abend mal wieder ziemlich kalten Temperaturen ebenso in der Setlist, wie die Songs Odin, Pearl, Rabenballade, Iduna und Lyansa. Gerade der Song über den Göttervater Odin, der 9 Tage und 9 Nächte mit dem Kopf nach unten hing (Nachahmung nicht empfohlen) um die Runen (im Text des Songs singt man von 16 magischen Zeichen) zu empfangen funktioniert auch ohne den auf der neuen CD Midgard zu hörenden Einar Selvik extrem gut. Und so näherte sich das Konzert von Song auf Song seinem Höhepunkt mit einer Zugabe, die vehement vom Publikum gefordert, auch gerne von Faun erfüllt wurde.
Einmal mehr zeigte sich an diesem Abend, dass das Live Erlebnis Faun noch immer ein absolut schönes und beeindruckendes ist. Dazu hat übrigens auch ein überzeugender, im Vergleich zum letzten Mediaval-Auftritt wohltuend deutlich weniger Bass-lastiger Sound beigetragen, sowie eine extrem sehenswerte Lichtshow.
Leoni Dowidat/Bernd Sonntag